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Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichte
legen unterschiedliche Maßstäbe an,
wenn es darum geht, ob ein Mitarbeiter
ein »Freier« oder ein sozialversicherungs-
bzw. lohnsteuerpflichtiger Arbeitnehmer
ist. So kommen Sie gegen die uneinheit-
liche Rechtsprechungen an.
Ein Unternehmen sollte mehr als 500.000
€ Lohnsteuer an das zuständige Finanzamt
nachzahlen. Der Grund: Der Arbeitgeber
hat Telefoninterviewer als Selbstständige
– also als freie Mitarbeiter – beschäftigt.
Das Finanzamt stufte sie aber als fest
angestellte Arbeitnehmer ein. Schließlich
standen den Mitarbeitern in den Büros
der Meinungsforscher Telefonarbeitsplät-
ze zur Verfügung. Ihre Bezahlung berech-
nete sich danach, wie viele Gespräche sie
pro Stunde am Telefon führten und wie
viele Interviews erfolgreich beendet wur-
den. Die Firma zahlte weder Lohnsteuer
noch Sozialversicherungsbeiträge.
Prüfen Sie die Kriterien der Gerichte
Das Finanzgericht (FG) Köln verurteilte das
Institut nun zu einer Lohnsteuernachzah-
lung. Die Telefoninterviewer seien steuer-
lich als Arbeitnehmer und nicht als Selbst-
ständige anzusehen, entschieden die
Kölner Richter. Gegen die Selbstständig-
keit und damit gegen eine Beschäftigung
als freie Mitarbeiter sprachen vor allem
2 Umstände: Die Befrager übten ihre
Tätigkeit von eigens dazu im Betrieb des
Arbeitgebers eingerichteten Arbeitsplät-
zen aus. Und ihnen wurden dazu vom
Arbeitgeber Betriebsmittel bereitgestellt
(FG Köln, veröffentlicht am 2.7.2012, Az. 2
K 476/06).
Die Kölner Richter setzten die Lohnsteuer-
nachforderung des Finanzamts aber deut-
lich herab: Gerade einmal ein Fünftel der
verlangten Summe muss das Institut nun
zahlen. Begründung: Die meisten als Tele-
foninterviewer beschäftigten Mitarbeiter
seien Personen ohne weitere Einkünfte,
z. B. Studenten, bei denen zu einem erheb-
lichen Teil keine Lohnsteuer angefallen
wäre.
Für Klarheit bei der Frage, welche Voraus-
setzungen nicht nur Telefoninterviewer,
sondern auch freie Mitarbeiter generell er-
füllen müssen, um steuerlich als solche
anerkannt zu werden, sorgte das Finanz-
gericht Köln nicht. Die Richter erkannten
selber, dass sie mit ihrem Urteil neben der
Linie vieler Arbeits- und Sozialgerichte la-
gen. Diese haben nämlich zum Teil bereits
entschieden, dass beispielsweise Telefon-
interviewer eben doch selbstständig und
damit freie Mitarbeiter sind.
Arbeitsbedingungen vertraglich klären
Tipp:
Betrachten Sie – und vor allen Din-
gen behandeln Sie – freie Mitarbeiter wie
Selbstständige. Sie sind eben keine Mit-
glieder des Mitarbeiterteams, sondern
Subunternehmer, die in Eigenregie arbei-
ten sollten und so i. d. R. nur für ihre Ar-
beitsergebnisse verantwortlich sind, nicht
aber dafür, wann und unter welchen Be-
dingungen sie ihre Tätigkeit verrichten.
Diese Arbeitsbedingungen können Sie in
einem Vertrag niederlegen, und zwar mit
den folgenden Vertragsklauseln:
Der Auftragnehmer ................. wird ab
dem ............... für den Auftraggeber
folgende Tätigkeiten als Auftragnehmer
übernehmen: ............. Ergänzend wird
im Einzelfall auf die jeweiligen Auftrags­
schreiben verwiesen.
Der Auftragnehmer unterliegt bei der
Durchführung der übertragenen Tätig­
keiten keinen Weisungen des Auftrag­
gebers. Er ist in der Gestaltung seiner
Tätigkeit frei.
n
Betriebsveranstaltungen
Beachten Sie die Grenze
von 110 €
Aufwendungen für Betriebsveranstaltun-
gen oder Betriebsfeiern unterliegen dann
nicht der Lohnsteuer, wenn höchstens
110 € inkl. MwSt. pro Mitarbeiter anfal-
len. Ist diese Summe um auch nur einen
Cent überschritten, müssen Sie als Ar-
beitgeber für die gesamten Kosten Lohn-
steuer und Sozialabgaben zahlen. Halten
Sie diese 110-€-Grenze unbedingt ein.
Überschreiten Sie bei einer Veranstaltung
die 110 € auch nur geringfügig, handelt
es sich in voller Höhe um lohnsteuer- und
sozialversicherungspflichtigen Arbeits-
lohn.
Mit den maximal 110 € pro Arbeitnehmer
müssen sämtliche Kosten der Feier oder
des Betriebsausflugs abgedeckt sein, also
insbesondere die Kosten für Speisen, Ge-
tränke, Tabakwaren und Süßigkeiten,
Fahrten und etwaige Übernachtungen,
Eintrittskarten für Museen und Veranstal-
tungen, kleine Präsente sowie Aufwen-
dungen für den äußeren Rahmen der Feier
(z. B. Raummiete, künstlerische Darbie-
tungen, Musik).
Beschenken Sie Ihre Beschäftigten
Überreichen Sie Ihren Mitarbeitern anläss-
lich einer betrieblichen Feier kleine Ge-
schenke, bleiben diese im Wert von bis zu
40 € (einschließlich Umsatzsteuer) steuer-
frei. Das Geschenk gilt dann noch als Auf-
merksamkeit. Aber: Der Wert des Ge-
schenks ist in die 110 € pro Arbeitnehmer
einzurechnen.
Wenn Ihre Mitarbeiter Angehörige
mitbringen
Nehmen an Ausflug oder Feier auch die
Angehörigen Ihrer Arbeitnehmer teil, müs-
sen Sie beachten, dass die 110-€-Grenze
nicht pro Teilnehmer, sondern auch dann
weiterhin pro Arbeitnehmer zu berechnen
ist.
n
Freie Mitarbeiter
So vermeiden Sie hohe Nachzahlungen
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