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REPROGRAF
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Der Hamburger Unternehmer F. W. Scharlau wurde im Sommer
1945 von der englischen Besatzungsmacht in der Hansestadt als
Verbandsvorsitzender eingesetzt, da er im Gegensatz zu seinem
Vorgänger nicht der NSDAP angehörte. Scharlau übertrugen die
Engländer auch die Aufgabe, das Kalle-Lichtpauspapier OZALID in
Hamburg und Norddeutschland an »unbelastete Kollegenbetrie-
be« zu verteilen. »Darauf bin ich auch heute noch sehr stolz«, so
der Firmenchef damals.
Bereits im Jahre 1895 gründete Gustav Friedrich Scharlau die
Lichtpauserei. Heute führt das 100 Mitarbeiter starke Unterneh-
men in vierter Generation Frank Scharlau.
n
Von Juni 1945 bis Beginn 1990 war der WKM in der Sowjetischen
Besatzungszone sowie in der »DDR« verboten, zwischen Oder und
Elbe waren jegliche Verbandsaktivitäten untersagt. Dennoch ge-
langte das West-Verbandsmagazin hin und wieder als geschmug-
gelte »subversive Westliteratur« in die Hände der Ost-Kollegen.
Sechs Stories aus der WKM-Verbandsgeschichte
1. Histo-Story:
Scharlau als »politisch Unbelasteter«
von den Engländern 1945 eingesetzt
2. Histo-Story:
WKM-Verbot bis 1990 in Osten – Dietmar Beyer führte »DDR«-Kollegen zusammen
Private Dienstleister waren staatlicherseits unerwünscht. Mit
Steuern und Abgaben bis zu 90 Prozent wurden sie bewußt klein
gehalten. Ihren Betrieb durften sie am freien Markt nicht veräu-
ßern sondern lediglich dem Staat schenken oder den eigenen Kin-
der vererben. In privaten Unternehmen war es untersagt, den
Ehepartner anzustellen und zu bezahlen. Das hatte zur Folge, dass
von diesem auch kein Rentenanspruch erarbeitet werden konnte.
Der Lohn für Angestellte wurde staatlich festgesetzt, er lag natür-
lich deutlich unter dem der Staatsbetriebe. Für den Geheimdienst
STASI mußten Listen angefertigt werden, auf denen die Kunden
zu vermerken waren, die Vervielfältigungsaufträge erteilten.
Anfang 1990 führte der private Lichtpauser und Leipzig-Demo-
Teilnehmer Dietmar Beyer aus Riesa die Kollegen zusammen, die
45 Jahre sozialistische Zwangswirtschaft überlebt hatten oder
sich als Leiter staatlicher Pausereien nun selbständig machten.
Da es kein offizielles Verzeichnis von privaten Lichtpaus-Betrieben
in der »DDR« gab, muste der damals neue Geschäftsführer des
»Fachverband Reprografie« das bis dahin letzte gesamtdeutsche
Mitgliederverzeichnis von 1938 (!) zur Hand nehmen, um einzelne
Branchenbetriebe ausfindig zu machen. Erstaunlich viele waren
tatsächlich noch unter der alten Vorkriegsadresse anzutreffen.
n
Trafen sich 1990 amWKM-Gründungsort in Leipzig zwischen Robotron-Gebäude
und Merkur-Hotel, dem heutigen Westin (v.l.): Achim Carius, Rudolf Sievers, Kurt
Baier und Dietmar Beyer, der die »DDR«-Reprografen wieder vereinte.
Verbandsausweis für Vorstandsmitglied F. W. Scharlau im Jahre 1955
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