Volles Haus beim Erfahrungsaustausch-
treffen im Berliner Fraunhofer-Institut IPK
Spannende Zukunftsszenarien stellte der
Berliner Dr. BertramNickolay (58), Vater der
virtuellen Rekonstruktion beschädigter Do-
kumente, beim jüngsten FMI-Erfahrungs-
austauschtreffen vor. In den Räumen des
Fraunhofer-Instituts IPK in der Westberli-
ner Pascalstraße begrüßte zuvor Hausherr
Professor Dr. Jörg Krüger die 30 Vertreter
der deutschsprachigen Scan- und Mikro-
filmbranche, die sich im Fachverband für
Multimediale Informationsverarbeitung
e.V. (FMI) zusammengeschlossen haben.
Ganz still wurde es im Saal, als der welt-
weit bekannte Rekonstrukteur von zerris-
senen Dokumenten das Wort ergriff. Ni-
ckolay stellte zahlreiche Anwendungen
vor, die mit Hilfe der IPK-Software und
deutscher Scantechnik zu sensationellen
Ergebnissen führen. Beschriebene Papy-
rus-Fetzen aus dem 19. Jahrhundert vom
Ägyptischen Museum, geschredderte Pa-
piere aus Straftaten und die bekannten
Papierschnipsel aus DDR-Hinterlassen-
schaften, all diese bislang unerschlosse-
nen Dokumente können Nickolay und sein
Team wieder zusammensetzen. Tausende
Schnipselsäcke warten auf eine inhaltliche
Erschließung. Bislang konnten SED- und
STASI-Verbrecher noch sicher sein, unent-
deckt zu bleiben. Mittlerweile aber berei-
tet Nickolay ihnen schlaflose Nächte. Die
Vergangenheit holt sie demnächst ein.
Politiker, Historiker, Opfer und Strafverfol-
gungsbehörden haben ein großes Interes-
se an der Wahrheitsfindung mit Hilfe der
Fraunhofer-Erfindung. Internationale Zei-
tungen haben Nickolays System bereits als
»Wahrheitsmaschine« bezeichnet, ihn
selbst sogar als den »größten STASI-Jäger«.
Solche Begriffe verwendet der Erfinder
selbst nicht, er hört so etwas nicht gerne.
Es geht ihm ganz und alleine um die Festi-
gung Deutschlands alsWissenschafts- und
Forschungsstandort. Einen großen Anteil
hieran hat der Berliner sicherlich, das be-
scheinigt ihm das eindeutige Presseecho.
Hiesige Scanner-Hersteller, wie Microbox,
Image Access und Zeutschel – übrigens
alle im FMI vereint – haben bereits dafür
gesorgt, dass Deutschland weltweit mit
Abstand der bedeutendste Spezialscan-
ner-Lieferant ist. Anfragen aus der ganzen
Welt gehen bei Nickolay ein. Die Hilfesu-
chenden versprechen sich Unterstützung
vom Vater der virtuellen Rekonstruktion
zerstörter und beschädigter Dokumente.
Mit dem Branchenverband FMI pflegt
Fraunhofer bereits seit einigen Jahren
eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
In gemeinsamen Workshops mit ausge-
suchten FMI-Archivierungsprofis will Ni-
ckolay jetzt spezielle Scan-Lösungen er-
arbeiten. Ein Rundgang durch das
Versuchszentrum bei Fraunhofer schloss
den Erfahrungsaustauschtag in Berlin
ab. FMI-Vorsitzender Günter Wittlinger
(Kodak) war zum Ende des Treffens über
den hohen Grad an fachlicher Kommuni-
kation hoch erfreut.
n
FMI-Erfahrungsaustausch
FMI zu Gast bei STASI-Schnipsel-Rekonstrukteur Dr. Bertram Nickolay
Als »Puzzle-Meister, vor dem die Spitzel zittern«, so titelte kürzlich
die Berliner Zeitung am Sonntag ihren zweiseitigen Beitrag über Dr.
Bertram Nickolay. Mit einem Spezialprogramm will das Team um
Nickolay die Bearbeitungszeit von 700 auf 4 Jahre schrumpfen.
Der weltweit gefragte Kopf des Erfinderteams bei Fraunhofer
informierte Ende November die Vertretung der Scan-Branche über
seine Pläne. Der FMI war mit über 30 Unternehmern angereist.
15
REPROGRAF
579